Transformation Blue Office | Klimaresiliente und biodiversitätsfördernde Umgestaltung der Freianlagen
Hintergrund
Das im Jahr 2012 fertiggestellte Blue Office ist Hauptsitz der SSP AG und wurde bereits unter der Einhaltung umfassender Nachhaltigkeitskriterien realisiert. Im Jahr 2021 entschied die Unternehmensführung, das Blue Office klimaresilient umzugestalten. Die Maßnahmen erfolgen unter Anwendung des Planungslabels GreytoGreen®. Ziel ist es, die ökologische Transformation sichtbar zu machen und das Blue Office gemeinsam mit seinen Freianlagen als funktionale Einheit in Richtung klimaangepasstes Bauen weiterzuentwickeln.
Gründach 2022
Im Jahr 2022 wurde auf der bestehenden Dachfläche ein flächendeckendes Gründach in Kombination mit einer Photovoltaikanlage installiert. Das Vordach erhielt eine biodiversitätsreichere Dachbegrünung. Zusätzlich wurde Totholz als Struktur- und Biodiversitätselement integriert.
Freianlagen 2025
In einer internen Potentialanalyse wurden die Freianlagen zunächst systematisch untersucht. Die größten ökologischen Potentiale wurden auf der Schotterfläche an der Nordseite sowie auf der Grünfläche der Südostseite identifiziert. Weitere Maßnahmen sind auf den West- und Süd-/Westflächen vorgesehen. Die Planung wurde durch eine Fachplanerin für naturnahe Freianlagengestaltung unterstützt.
Schottergärten begünstigen die innerstädtischen Erwärmung, schaffen Hitzeinseln und bieten weder Pflanzen- noch Tierarten Lebensraum. Darüber hinaus beeinträchtigen Sie die Versickerungsfähigkeit des Bodens. Diese Flächen sollen gezielt in klimaresiliente und naturnahe Bereiche umgewandelt und genutzt werden.
Auf der nährstoffreichen und sonnenbeschienene Süd-Ostseite gab es in den letzten Jahren bereits Versuche die Diversität über eine natürlich gewachsene Pflanzstruktur zu erhöhen. Dieser Ansatz war auf Grund der sich ausbreitenden, stark invasiven Neophyten und grundsätzlich durch konkurrenzstarke Pflanzen leider nicht zielführend. Die Fläche bietet enormes Potential für ein Magerbeet. Auf einer Magerbeetfläche finden sich heimische Pflanzen wieder, die sehr trockenheitsverträglich und klimaresilient sind. Durch einen erheblichen Nährstoffeintrag in unsere Böden durch bspw. die Landwirtschaft, finden viele unserer ursprünglich heimischen Pflanzen kaum noch geeignete und magere Flächen. Dies führt zu einem starken Druck auf viele unserer Wildstauden.
Der Oberboden und die Grasnarbe wurden deshalb ausgehoben und in die süd-östliche Hangstruktur eingearbeitet. Aus der Fläche auf der Nordseite wurden ca. 18 Tonnen Schotter händisch aufgenommen und mit Muskelkraft in die neu entstehende Magerbeetfläche auf der Süd-Ostseite eingebracht. Die Fläche wurde mit ca. 16 Tonnen Rheinsand und 1 cbm Kompost aufgefüllt. Dies ist die ideale Grundlage für Magerbeetpflanzen mit geringen Nährstoffbedürfnissen. Sechs Hartholzstämme (Eiche, Hainbuche, Ahorn) aus einer nahegelegenen Fällaktion wurden in die Nord- und Süd-/Ostfläche als strukturgebende Elemente integriert. Die Totholzstämme bieten einen wunderbaren Lebensraum für Kleinstlebewesen. Holz als Material wird von unzähligen Organismen verwertet, die unser Biodiversitäts- und Klimaresilienzpotential enorm aufwerten und stärken. Die gesamte Fläche wird mit 330 heimischen Stauden- und Gehölzpflanzen bepflanzt. Polygonalplatten aus Quarzsandstein ermöglichen eine eingeschränkte Begehbarkeit und Verbinden die bestehenden Terrassenflächen. Der entstehende Lebensraum soll der heimischen Tier- und Pflanzenwelt zur Verfügung stehen, gleichzeitig aber auch als pädagogisch wertvolle Aufklärungsfläche zur Nachahmung und SSP interner Projektintegration dienen.
Die Nordseite wurde mit torffreier Erde aufgefüllt und standortgerecht mit einer waldbeetartigen Struktur und 170 heimischen Stauden und Gehölzen bepflanzt. Hier finden sich zwei Eichenhartholzstämme wieder, die zum einen den Charakter des Waldbeetes unterstützen, zum anderen wertvoller Lebensraum für diverse Tier- und Pflanzenarten werden.
Biodiversitätsbilanz
Insgesamt wurden so flächenübergreifend 500 Bioland-zertifizierte Stauden und Gehölze aus 40 verschiedenen heimischen Wildarten eingesetzt. In Verbindung mit unserer Dachbegrünung beherbergt das BlueOffice 50 verschiedene heimische Pflanzarten, darunter 13 bereits stark gefährdete Arten. Die Pflanzen bieten eine Lebensgrundlage für insgesamt ca. 930 verschiedene Insektenarten:
• ca. 280 Wildbienenarten
• ca. 490 Schmetterlingsarten
• ca. 400 Raupenarten
• ca. 100 Schwebfliegenarten
• ca. 30 Käferarten
• ca. 35 Vogelarten
Zum Teil sind diese Arten stark vom Aussterben bedroht und unbedingt schützenswert. Durch die starke Koexistenz vieler Insekten und Pflanzen, können über die Auswahl und Pflanzung bestimmte Arten gezielt unterstützt werden. Koexistenz bedeutet die evolutionäre Entwicklung und Abhängig zwischen einer Tier- und Pflanzenart.
Fazit
Die neu gestalteten Bereiche sind zum Teil begehbar und dienen als Demonstrations- und Schulungsflächen für Bauherren, Kunden und Mitarbeitende. Ein ergänzendes Informationssystem mit Beschilderung unterstützt die Aufklärungsarbeit.
Die gesamte Maßnahme wurde an drei Nachmittagen durch 25 freiwillige Mitarbeitende der SSP AG in ehrenamtlicher Eigenleistung umgesetzt. Ein besonderer Dank gilt allen Beteiligten für ihren engagierten Einsatz!
Die klimaangepasste und resiliente Umgestaltung der Freianlagen trägt entscheidend zur Förderung der Biodiversität, Verbesserung der Versickerungskapazitäten und Erhöhung der Aufenthaltsqualität am Standort bei. Gleichzeitig entsteht im Spannungsfeld zwischen Architektur und Ökologie ein neues Verständnis, das den Innen- und Außenraum gestalterisch und funktional verbindet. Ein deutlicher Gewinn für das Blue Office als zukunftsfähigen und klimaangepassten Arbeits- und Aufenthaltsort.